"Nie etwas ähnliches gehört": Jodeln und Zither - alpenländische Volksmusik und europäische Elite

[Steiermark - Volksmusik]. Album mit Zeugnissen und Empfehlungsschreiben des "Natursängers" und Zitherspielers Georg Pigall.

Wien, London, Paris, Brüssel u. a. O., 1839-1857.

84 Einträge (davon 6 einmontierte Briefe) mit 43 Siegeln und 10 Stempeln auf 88 Bll. Mit montierter Portraitphotographie. Moderner Kartoneinband. 4to.

 9,500.00

Beeindruckendes Album des steirischen Kunst-Natursängers und Zitherspielers Georg Pigall, der europaweit als Jodler und Zitherspieler geschätzt wurde. In den in ein Album gegossenen Empfehlungsschreiben sind 16 Jahre seiner Konzerttätigkeit festgehalten, in denen er zahlreiche Höfe und Städte in Deutschland, England, Frankreich, Belgien und Holland bereiste und vor Königen und Fürsten, auf Hofbühnen, Theatern und vor Bürgergesellschaften seine "mit einem schönen Bariton verbundenen Falset-Stimme" und "frapante Kehlenfertigkeit" darbot. Zu dem hier dokumentierten Publikum zählten Queen Victoria, Prinz Albert, Adolphus Frederick, König Louis-Philippe I., Heinrich V. von Frankreich, der König von Belgien, die Königin von Bayern, der König von Württemberg, der König von Hannover, der Großherzog von Baden, Fürst von Metternich, Herzog Max in Bayern, der Fürst von Thurn und Taxis und der Großherzog von Oldenburg, daneben bürgerliche Mäzene, Schriftsteller, Künstler und Komponisten wie Auber, David, Kalliwoda und Spontini. Chopins Freund Perthuis nannte ihn "supérieur à tous les chanteurs des Alpes connus", und der Dirigent Aimé Roussette (der aus Pigall einen Tiroler machte) befand: "Impossible de dire le plaisir que le chanteur tyrolien a fait aux deux milles persones [...] sa voix, qui se transforme en un véritable instrument d'une douceur inimitable".

Die Bedeutung dieses Albums liegt in erster Linie in der Dokumentation der musikalischen Stationen eines Volksmusikanten und des Eindringens der Volksmusik in die bis dahin der "klassischen" Musik vorbehaltenen Elitekultur der Höfe, des Adels und des Bürgertums. Herzog Max in Bayern, der Vater von Kaisern Elisabeth, der hier auch Pigall lobt, gehörte zu den großen Förderern der Alpenmusik. Der als "Zitherl-Max" bekannte Herzog trug wesentlich zur Einführung der Zither in höfische Kreise bei. Ludwig Wilhelm Graf von Heusler, der Hofcavalier Herzog Maximilians, bezeugt in dessen Auftrag gar, daß dieser ihn "mehreremale singen hörte, und seiner vorzüglichen Stimme, so wie seinem Vortrage den vollkommensten Beyfall zukommen ließ, so daß derselbe allenthalben bestens empfohlen werden kann".

Während aus der damaligen Zeit meist nur die Namen der alpenländischen Musiker wie Pigall überliefert sind, ist ihr musikalisches und gesellschaftliches Wirken kaum rekonstruierbar. Das vorliegende Album kann daher als erstrangige Quelle der alpenländischen und europäischen (Volks-)Musikgeschichte wie auch der Volkskunde angesehen werden.

Georg Pigall verstarb 1857 und wurde "links von Diabelli" am Friedhof St. Marx beigesetzt (Hans Pemmer, Der Friedhof zu St. Marx in Wien. Seine Toten, seine Grabdenkmäler. Amt für Kultur und Volksbildung, Wien 1959, S. 78).

Detaillierte Verlistung auf Anfrage.

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