Schneider, Romy, Schauspielerin (1938-1982). "Mein Tagebuch". Eigenh. Manuskript mit Namenszug am vorderen Vorsatz.

"Mariengrund", d. i. Schönau bei Berchtesgaden, Februar und März 1955.

108 Bll. davon 16 SS., Vorsatz und Innendeckel beschrieben. Lederband der Zeit. Kl.-4to.

 18,000.00

Hochinteressantes Tagebuch der damals 16-jährigen Schauspielerin, geschrieben wenige Monate vor Beginn der Dreharbeiten zu ihrem sechsten Film, Ernst Marischkas erstem "Sisi"-Film, der ihren Weltruhm begründen sollte.

In ihrem an einen imaginären Geliebten gerichteten Journal zeigt sich die Jungschauspielerin in bestem Einvernehmen mit ihrer Mutter und deren zweitem Ehemann, dem Kölner Großgastronomen und Unternehmer Hans Herbert Blatzheim: "Donnerstag, 17. Februar 1955. 'Mariengrund'. So - dies ist nun also mein erstes Tagebuch, - ich freue mich sehr! Ich bin ganz glücklich darüber! Braun, echtes Leder und sogar mit einem Goldrand. Ich finde es schön ein Tagebuch zu führen - so ganz für 'Dich' - selbst und allein ... Ich möchte dieses Tagebuch für einen Menschen schreiben - den ich sehr liebe - den ich einmal sehr lieben werde. 'Ihm' - soll es gehören, wenn alle diese schönen, feinen, weißen Seiten beschrieben sind. Wird es ihm Freude machen? Vielleicht ... Jetzt werde ich schlafen - wir sind gerade aus München angekommen […]".

Am folgenden Tag notiert sie, wie sie mit ihrer Mutter und dem Maler und Graphiker Ernst Geissendörfer aus München mit dem Cadillac angekommen sei, froh darüber, "daß endlich alles vorbei war, der ganze Wirbel - die vielen gräßlichen Menschen. Ich finde Bälle himmlisch und Karneval auch - aber nur die schönsten. Es ist fürchterlich, wenn so entsetzlich viele stinkende (verlogene) Menschen um dich herum sind - ich hasse sie - alle. Dieses Publikum kann soo böse so gemein sein - !!! Allerdings auch umgekehrt - !!! Aber jetzt bin ich ja endlich wieder auf meinem geliebten - meinem heißgeliebten Mariengrund - weg vom ganzen Wirbel, weg von allen Menschen, allein mit Mamy den beiden lieben Lausbuben und Ajax + Seppl, Daddy [d. i. Blatzheim] kommt in ein paar Tagen nach […] Einige paradiesische schöne Tage sind bereits vergangen, wir waren schon gemeinsam auf dem Jenner [in den Berchtesgadener Alpen], haben bei den deutschen Skimeisterschaften 1955 zugeschaut, wunderbare Spaziergänge gemacht, Mamy & ich während die Buben in der Schule waren; mit Ajax, das ist unser süßes kleines Boxerbaby (½ Jahr) und Seppl, das ist unser seriöser, 4jähriger Dackel - aber ein typischer Dackel! […]. Heute ist der 23. II. 1955, ein Mittwoch. Es ist bereits 8h abends und wir sitzen wieder mal mit Schnäpschen alle zusammen im Jagdzimmer. 'Alle zusammen' sind bis Freitag: Mamy, Wolfi, Dieter, Seppl, Ajax und ich. Ab Freitag ist unser aller Herr Vater, mein geliebter Daddy wieder da - und damit die 'family' wieder vollständig. Ich trinke heute abend einen 'Pfefferminz', einen tollen, grünen Schnaps - und ich merke, daß bei mir die Stimmung von Minute zu Minute steigt - ich bin sehr lustig stell' ich fest, ja ja!! Tja, und deshalb - deshalb, weil ich so - so hm, was? so lustig bin, - na na na na, Frollein, der Stil muß ja einigermaßen anständig bleiben - trotz des kl. Schwipserl. Was soll er sich denn denken von mir? Er? Wer ist denn er? 'Er' - ach so, ja, es ist eben dieser Mensch, den ich einmal sehr lieben werde, ich meine das muß ja ein er sein. Sie? Nein - also eine Sie liebe ich auch sehr, und das ist meine Mamy, wird auch die einzige Sie bleiben die ich sehr liebe, ich meine, ich bin ja 'n normaler natürlicher Mensch!! Keine … na, lassen wir das […]".

Es folgen Überlegungen über ihr Verhältnis zur Mutter ("Mammy sag ich alles - alles sag ich ihr") und zu dem imaginierten Geliebten: "Ihn kenn ich ja noch nicht, er wird ja erst kommen, zu mir, eh ich meine in mein Leben. Und er soll es dann lesen, ihm werde ich es schenken, damit er dann genau weiß, was alles vorher war - als ich ihn noch nicht kannte. Und ich werde Dir jetzt, Dir, den ich einmal sehr lieben werde, alle mal vorstellen, alle, über die ich bis jetzt in meinem Tagebuch geschrieben habe […]".

Zur Illustration der kurzen Vorstellung ihrer Familie, mit der die Aufzeichnungen enden, waren drei Photos von "Mammy", "Daddy" und dem "stinkerten Brüderherzchen" einmontiert, die jedoch nicht mehr vorhanden sind; einige weitere Photos von ihr sind gleichfalls entfernt, vier jedoch noch vorhanden.

Condition

Kanten und Ecken etwas berieben und bestoßen, sonst gut erhalten; innen (von den entfernten Photographien abgesehen) tadellos. Mit eh. Namenszug am vorderen Vorsatz, am hinteren Innendeckel notiert sie das bekannte Wort Nietzsches "Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum".