Wenn am kommenden Sonntag im Opernhaus Zürich "Simplicius", die bisher für verloren gehaltene Operette von Johann Strauss, auf die Bühne kommt, ist das nicht zum geringsten Teil das Verdienst von Ronny Dietrich, der Leitenden Dramaturgin des Hauses. Ihre Tätigkeit spielt sich weitgehend hinter den Kulissen ab, ist aber von erheblicher Bedeutung.
Wie oft in solchen Fällen half der Zufall. Der Direktor hat einen Sohn, der Sohn hat einen Freund, der Freund ist Antiquar und deshalb nicht ganz gleichgültig, als er eines Tages auf dem Flohmarkt jenes Bündel in der Hand hält, das sich als Nachlass von Victor Léon erweisen sollte. Victor Léon war ein junger, aufstrebender Librettist, als er 1887 in Wien mit dem damals schon hochberühmten Johann Strauss (Sohn) bekannt wurde. Was die Operette betrifft, hatte er eigene Ideen - und so kamen Strauss und er bald ins Gespräch. "Simplicius" hiess das Werk, das die beiden entwarfen; am 17. Dezember 1887 kam es am Theater an der Wien heraus. Strauss lag die Partitur besonders am Herzen, das Publikum und die Kritik lehnten sie jedoch ab, weshalb der Komponist eine zweite Fassung herstellte, die 1888 in Prag, danach unter anderem in Budapest gespielt wurde. Wenig später verschwand das Werk allerdings von den Bühnen.
Nun findet also Hugo Wetscherek in besagtem Nachlass nicht weniger als das vollständige Aufführungsmaterial der Wiener Produktion von "Simplicius". Der Antiquar ruft seinen Freund an, der seinen Vater - und Alexander Pereira, der den verborgenen Schätzen in der Geschichte des Musiktheaters nachzusteigen liebt, ist Feuer und Flamme. [...]