[Strauß und Torney-Diederichs, Luise ("Lulu") Elisabeth von, deutsche Dichterin (1873-1956)]. Festgabe zum 60. Geburtstag. Manuskriptalbum von verschiedenen Händen.

Berlin, Bremen, Bückeburg, Göttingen, Kalksburg, Lambarene, Starnberg u. a. O., zumeist Sommer 1933.

20 Beiträge auf zus. 56 beschr. SS. Mit 3 Tuschzeichnungen (Bückeburger Motive) und 2 montierten Fotografien. Originaler grüner Maroquinband mit Wappensupralibros. Kopfgoldschnitt. Gr.-8vo. Im zeitgenöss. Pappschuber.

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Schönes, wohl von der Erstbeiträgerin Agnes Miegel (1879-1964) initiiertes Album zum 60. Geburtstag der Lulu von Strauß und Torney, verwitwete Diederichs, am 20. September 1933. Unter den Beiträgern finden sich Lou Andreas-Salomé ("was ein Mensch zeitlebens zu bewältigen hat, entspräche nicht so sehr einem - größern oder kleinern - Haufen von Einzelheiten als, noch in jeglichem und geringsten einem Hineingehen in alle Ganzheit"), der Germanist Richard Benz ("in schönen Augusttagen des Jahres 1916, bin ich Ihnen begegnet: als der erste Autor des Verlags [...], der Ihnen als der Gattin von Eugen Diederichs zu Gesicht kam"), Marie von Bodelschwingh (Erinnerungen an ihre Jugendzeit in Bückeburg), der Bildhauer Ernst Gorsemann (Grußadresse und Anekdote, mit 2 Fotografien), die Bückeburger Freundin Olga Jebens ("Die räumliche Trennung seit Deiner Heirat hat das Vertrauen und die seelische Verbundenheit nicht zerstören können"), Agnes Miegel ("Es ist ein Junitag, an dem ich dieses schreibe und es soll doch ein Gruß sein zu Deinem Geburtstag. Aber ich muß heute so sehr an einen Tag, eigentlich einen Augenblick aus unserm Leben denken, der mir immer als ganz besonders bedeutungsvoll erschienen ist"), Börries Frhr. von Münchhausen ("In ganz alter Freundschaft, liebe Lulu, grüsse ich dich heute, einer Freundschaft, die zurückgeht auf jene Tage, da wir als halbe Kinder in Apelern das Glück meiner Mutter genossen"), der Germanist Hans Naumann (1 Sonett und 1 Prosastück mit Thomas-Mann-Anekdote: "Mit Thomas Mann ging ich einst durch die Gassen von Jena und zeigte sie ihm. Da trafen wir Eugen Diederichs. Und der behauptete, das alles sei nichts, verglichen mit einer Rostbratwurst"), der Pädagoge Herman Nohl ("Sie kennen meine Liebe zu Brahms. An Künstlern wie ihm und Ihnen wird mir immer von neuem deutlich, was deutsche Art und Kunst eigentlich ist"), Albert Schweitzer (Lambarene, 13. VII. 1933: "Wie oft denke ich an die Stunde des Zusammenseins in Frankfurt vor einem Jahre [...] Im Spital sehr viel Arbeit. Zur Zeit beherbergt es 350 Kranke. Während ich Ihnen schreibe schweift mein Blick über den im blauen Dunste liegenden Fluss. Motorboote legen an Dampfer an ... Schwarze bringen die Waaren, die der Dampfer mitnehmen soll. Dass man auf dem Aequator ist, spürt man heute nicht. Ein kühles Lüftchen kommt vom Südpol. Es ist Winter bei uns"), Ina Seidel ("in demselben wunderbaren Sommer 1903, in dem wir damals Achtzehnjährigen uns gleichzeitig für die 'Buddenbrooks' und für 'Die Briefe, die ihn nicht erreichten' begeisterten, lernte ich auch Deine Gedichte kennen - die 'Lieder und Balladen'"), die Malerin Gertrud Simmel geb. Kinel ("Man meint: Leben, das seien die guten Zeiten, und was man leidet, das sei nun der Abzug vom Leben. Leiden ist Leben, wie Frohsein Leben ist"), Lisa Tetzner ("Seitdem Du mir zum ersten Mal entgegen tratest, in Jena an jenem Abend, als ich Dir zum ersten Mal Märchen erzählen durfte, [...] hat uns ein tiefes Freundschaftsband verbunden"), Helene Voigt-Diederichs (Gedicht) und der Kulturphilosoph Herman Wirth (Bremen, "Sommersonnenwende 1933“: "Unsere Wendezeit harrt der Wiederkehr der Volksmütter“).

Einmontiert ferner ein eh. Br. m. U. (Berlin, 2. X. 1908) und ein eh. Billett m. U. (Fragment) ihres Onkels Dr. Dr. von Strauß und Torney.

Die Lyrikerin Lulu von Strauß und Torney veröffentlichte ihre ersten Gedichte 1898; praktisch ihr gesamtes Werk stammt aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Sie fand Kontakt zum Göttinger Kreis um den Dichter Börries von Münchhausen und lernte Agnes Miegel und Theodor Heuss kennen, mit denen sie eine lebenslange Freundschaft verband. 1916 heiratete sie in Bückeburg den Verleger Eugen Diederichs (1867-1930) und zog nach Jena. Unter seinem Einfluss wandte sie sich religiösen Themen, Sagen und Märchen zu. Im Oktober 1933 legte sie das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler ab; das "entjudete" "Volkstestament" von 1941 dürfte von ihr redigiert worden sein.

Durch die Aufbewahrung im Pappschuber von tadelloser Erhaltung.